„Achtsamkeit ist kein Allheilmittel / dieser ganze Achtsamkeitshype ist Augenwischerei“ – ähnliche Statements habe ich gestern in einem Instagram-Post gelesen. Dieses Bashing von Werkzeugen für mentale Gesundheit empfinde ich als problematisch. Achtsamkeit ist kein Modetrend, Persönlichkeitsentwicklung ist keine Nabelschau für Gelangweilte und Burn-Out ist nicht nur ein neues Wort für „überarbeitet“.
Klar sind einige Begriffe zeitweise in aller Munde und auf allen Titelseiten, aber nur weil etwas populär ist, wird es ja nicht zwingend schlecht.
Achtsamkeit allein ist sicher keine Wunderwaffe gegen alles – und Meditationspraktiken zum Beispiel sind nicht für jeden geeignet, bei einigen psychischen Verfassungen sogar kontraindiziert. Doch Achtsamkeit ist ein wichtiger Bestandteil beim Wunsch nach Entwicklung.
Oft habe ich Klient*innen in meiner Praxis, die äußerlich betrachtet ein gutes Leben führen, aber in dem Tempo, in dem sich ihr Leben bewegt, ist der Kontakt zu sich selbst verloren gegangen. Bedürfnisse stillen, Ansprüchen genügen, Vorstellungen entsprechen, mehr Leistung im Job, weniger Schlaf. Stress als ständiger Begleiter, kaum Platz für Achtsamkeit.
Achtsamkeit bedeutet: keine Bewertung
Wer bin ich, was will ich wirklich, was sind meine Stärken, wie steigere ich mein Selbstwertgefühl – die Antworten finde ich nicht ohne: Achtsamkeit. Ich gehe raus aus meinem Alltagsbewusstsein und ich nehme mir Zeit, mit meinen Sinnen wahrzunehmen, ohne zu beurteilen. Denn das ist es, was Achtsamkeit ausmacht: Was fühle ich, wie fühlt sich mein Körper an, was nehme ich wahr in meiner Umgebung? Hier geht es darum, überhaupt wieder Kontakt mit mir herzustellen, mich zu erden, Mitgefühl für mich zu entwickeln.
In diesem Kontakt geht es erst einmal nicht darum, etwas zu lindern, sondern wahrzunehmen, was gut ist und was schmerzt, seelisch und körperlich.
Wer nur in der Wahrnehmung bleibt, und sich dann nicht bewegt, dem ist mit Achtsamkeit allein nicht geholfen, wenn er etwas verändern möchte. Doch auch Glaubenssatz- und Wertearbeit ist nur halb so effektiv ohne Achtsamkeit. Das eine unterstützt das andere.
Eine kurze Schreibübung, die ich zur Begrüßung in meinen Schreibworkshops für stärkendes Schreiben (Soulwriters-Club) sehr mag – die Augen schließen und nur wahrnehmen: Wie bist Du heute hier?
Schreibe einen Kommentar