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Psychotherapie, psychologisches Coaching und Beratung

Hin zum Ich. Selbstfürsorge als Mutter

Selbstfürsorge als Mutter dargestellt mit zwei Figuren. Die eine hat „Mutter" als Bezeichnung auf sich stehen - und verschiedene Anteile wie Schwester, Ich, Partnerin, Freundin etc. neben sich stehen. Die andere hat "ICH" als Bezeichnung auf sich stehen - mit Anteilen wie Mutter, Freundin, Partnerin etc. neben sich.

„Ich bin ja auch noch … ein Mensch!“ Wir schauen uns für den Bruchteil einer Sekunde an und fangen zeitgleich an zu lachen. Sie schüttelt den Kopf: „Wie das klingt… als ob man als Mutter kein Mensch mehr ist!“

Ab und an zu lachen finde ich in Sitzungen, die die Themen Stress, Burn-out und mangelnde Selbstfürsorge in sich haben, wichtig. Aber: Eigentlich ist es nicht lustig. Denn was Frau B. da so rausrutscht, hat einen wichtigen, ernsten Hintergrund.

In dieser Sitzung geht es um ihre Bedürfnisse, ihre Schuldgefühle, ihre vielen Rollen als Mutter, Angestellte, Partnerin, Freundin, Tochter, Schwester. Um dieses Gefühl „Wenn ich an diesem Zipfel der Tischdecke ziehe, liegt auf der anderen Seite wieder etwas frei“. Das Gefühl, nie genug zu tun und nie genug zu sein.

Wie ein Duracell-Hase legt Frau B. morgens um 6 los, arbeitet sich getaktet durch den Tag, neue Kollegin einarbeiten, Vertretung abdecken, den Stapel Aufgaben schrumpfen lassen, Emails – ach, den Rest morgen – wow, der Tag ist rum! Schnell los, Tochter einsammeln, Sohn fährt mit dem Rad, dann noch eben Apotheke, Supermarkt.

Zu Hause: Ups, die Mail wäre doch noch wichtig gewesen heute. Also schnell beantworten, nebenbei Nudeln aufsetzen, sind die Sportsachen für morgen schon gewaschen? Arztpraxis auf dem AB, wann war noch der Zahnreinigungstermin? Frau B. hat für ein paar Minuten mal wieder vier Hände und zwei Köpfe und in diesem Moment tritt sie in einen Teller neben dem Sofa, auf dem das Bananenbrot von gestern vor sich hingammelt.

„Ich weiß auch nicht, mir ist der Draht aus der Mütze gesprungen“, sie zuckt mit den Schultern und hat Tränen in den Augen. „Niemand hier im Haus räumt seinen Scheiß mal selber weg, überall liegt was rum, jeder lässt einfach alles fallen – und ICH muss den Kram aufsammeln. Ich mag nicht mehr. Unsere Tochter war die ganze letzte Woche krank, ich habe jeden Tag einen zeitlichen Spagat machen müssen, wenig geschlafen, ich bin einfach müde …“

„Ihre Tochter ist 11 und Ihr Sohn 13 – gibt es eine Aufgabenverteilung?“

„Naja, nicht richtig. Ich habe schon mal gesagt, dass ich es gut fände, wenn… also dass die beiden auch mal was machen könnten.“

„Wie gut hat das geklappt?“

„Ja, eher so gar nicht.“

Frau M. mag keine Ansagen machen, das ist ihr „zu hart“. Außerdem schaffe sie in der späten Abendschicht meistens noch alles. Ihr Mann ist dann häufig nach wie vor im Büro oder auf Reisen und selbst wenn nicht – der macht ja auch genug und den wolle sie nicht behelligen mit noch mehr Haushaltskram.

Selbstfürsorge ist kein Feelgood-Trend. Sie ist existentiell wichtig, um mental und körperlich gesund zu bleiben

Als sie in meiner Praxis sitzt, geht es aber erst einmal nicht mehr darum, was sie will, sondern was sie überhaupt noch kann. Die Erschöpfung sitzt ihr bleischwer auf den Schultern, sie funktioniert noch, aber kommt nicht mehr zur Ruhe, vergisst immer häufiger Sachen – und ihre Nerven fühlen sich hauchdünn an. Der Grad zwischen Burn-On und Burn-Out ist schmal, vor allem, da Menschen im Burn-On-Modus sehr lange funktionieren ohne dass ihr Umfeld etwas merkt.

„Ich bin doch nicht nur Mutter. Ich habe auch Bedürfnisse“, sagt Frau B. Und in diesem Satz steckt soviel, was in den Köpfen vieler Mütter lange Zeit falsch läuft. Ihr „Ich“ rutscht zur Seite und wird zur „Mutter“, die nebenbei noch ein bisschen Freundin, Ehefrau, Tochter und „Ich“ sein darf – sie verlieren sich selbst aus den Augen und die Selbstfürsorge rückt ganz weit nach hinten.

Damit sind wir mal wieder beim Thema Prägung, gesellschaftliche Entwicklung und die Stellung der Frau, „als Mutter Opfer zu bringen“.
„Opfer“ – das muss man sich mal in Ruhe auf der Zunge zergehen lassen: Ein Lebensentwurf mit Kindern mit dem Begriff „Opfer“ in einem Satz. Uh. Habe ich schon häufiger an verschiedener Stelle gehört als mir lieb ist. Aber hey – als Mutter steht man nun einmal in der dritten Reihe der Bedürfnisserfüllung – oder?
Dabei wäre es so wichtig, sagen zu dürfen: Ich möchte Mutter sein, aber mich dafür nicht aufopfern müssen. Ich liebe meine Kinder, aber ich freue mich, wenn ich mich mal ein Wochenende nur um mich kümmern kann. Wenn mich mal niemand anspricht und was von mir will. Na? Trommelt das schlechte Gewissen Sechzehntel?

„Ich kann doch nicht sagen, dass ich meine Kinder nicht um mich haben möchte. Ich wollte unbedingt Mutter werden und bin ja auch dankbar, dass sie da sind!“

Kann ich verstehen. Wir versuchen es in der Sitzung mit der Vereinbarkeit der Widersprüche, mit den Ambivalenzen, die uns fast überall im Leben begegnen:

  • Ich liebe unsere Kinder und bin gern mit ihnen zusammen – und mich tagein, tagaus um sie zu kümmern, nervt mich mitunter.
  • Ich bin dankbar, dass unsere Kinder da sind – und ich genieße und brauche Zeit ohne sie.
  • Ich kümmere mich gern (gemeinsam mit meinem Partner) um die Versorgung und die Bedürfnisse unserer Kinder – und finde es wichtig, dass sie altersgerechte Aufgaben im Haushalt mit übernehmen.

Mag sein, dass das für einige nicht „muttimäßig“ ist – aber es ist menschlich und wichtig, damit der Energietank nicht leerläuft. Und da sind wir beim springenden Punkt: Jede Mutter ist in erster Linie eine „Ich-Persönlichkeit“. Und die Anteile dieser Persönlichkeit sind: Mutter, Frau, Freundin, Partnerin, Tochter, Schwester, Geldverdienende (und mehr) … Natürlich tritt je nach Lebensphase und Bedarf mal der ein oder andere Anteil mehr in den Vordergrund, aber ich empfinde es als existentiell wichtig, das „Ich“ nicht mit einem der Anteile die Plätze tauschen zu lassen.

Sie fühlen sich ähnlich? Dann hier ein paar Fragen to go:
Wie gut spüren Sie sich noch? Was brauchen Sie? Was wollen Sie? Wie fremdgesteuert fühlen Sie sich? Ist der Kontakt zu Ihrem innersten Kern noch da? Wissen Sie noch, wer Sie sind? Und wer Sie sein wollen?
Wann haben Sie das letzte Mal nur etwas für sich getan – und dabei das Handy ausgeschaltet? Können Sie trotz Ihrer Fürsorge noch Grenzen für sich setzen und einen Teil dieser Fürsorge auch für sich selbst aufbringen?


Falls auch Sie ein paar Widersprüchlichkeiten mit einem unterstützenden Blick von außen vereinbaren möchten – schreiben Sie mir gern eine E-Mail oder rufen Sie mich an – oder Sie buchen sich ganz einfach selbst ein kostenfreies Vorgespräch – und zwar HIER! (Klick!)

copyright Bild: Julia Schröder-Göritz

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